EU-Kaufrecht: Nutzlos und untauglich

RedenRechtspolitik

In seiner Rede kritisiert Raju Sharma eine geplante EU-Verordnung zum Gemeinsamen Kaufrecht, die mit einheitlichen Vorschriften den internationalen Handel vereinfachen will. Tatsächlich verfehlt das Vorhaben seinen Zweck und sorgt für neue Rechtsunsicherheit.

In seiner Rede kritisiert Raju Sharma eine geplante EU-Verordnung zum Gemeinsamen Kaufrecht, die mit einheitlichen Vorschriften den internationalen Handel vereinfachen will. Tatsächlich verfehlt das Vorhaben seinen Zweck und sorgt für neue Rechtsunsicherheit.

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

bevor ich mich dem Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht widme, möchte ich noch eine Anmerkung zur gemeinsamen Entschließung von Union, SPD, FDP und Grünen zur Sache machen. Diese Entschließung der Fraktionen im Rechtsauschuss ist inhaltlich sehr sinnvoll und findet die Zustimmung auch der LINKEN. Es ist mir sehr wichtig, das zu erwähnen. Denn es kommt nicht oft vor, dass gerade aus den Reihen von Union und FDP derart vernünftige Vorschläge kommen. Mancher wird sich fragen, warum DIE LINKE dann die Entschließung nicht mitgezeichnet hat, wenn sie sich schon inhaltlich einverstanden erklärt. Der Grund dafür ist einfach: CDU und CSU sitzen noch immer in den Schützengräben des Kalten Krieges und verweigern der LINKEN, eine gemeinsame Initiative miteinzureichen, die Konsens im ganzen Hause ist. Damit konterkarieren CDU und CSU ihr eigenes Anliegen, weil die beiden Fraktionen parteipolitischem Kleingeistigkeit den Vorrang vor einer starken Stimme des gesamten Deutschen Bundestages geben.

Dabei wäre ein gemeinsames Agieren des gesamten Parlaments wichtig und angezeigt. Die Europäische Kommission will mit ihrem Vorschlag für ein Gemeinsames EU-Kaufrecht ein Problem lösen, das es so nicht gibt und verwendet dazu Instrumente, die nicht nur nicht funktionieren, sondern neue Probleme schaffen, die wir bisher nicht kennen.

Das fängt schon bei der Grundannahme an, dass die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten den Wettbewerb behindern, weil Käufer und Verkäufer gleichermaßen kaum in der Lage seien, die verschiedenen Vorschriften des jeweils national gültigen Kaufrechts zu berücksichtigen. In der Folge würden Unternehmen Verträge mit Partnern in den Mitgliedsstaaten nur in geringerem Umfang abschließen, als es ansonsten möglich wäre. Ein gemeinsames EU-Kaufrecht, das sagt die Kommission, würde Abhilfe schaffen.

Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Nicht unterschiedliche Rechtsordnungen, sondern ganz handfeste Gründe wie Sprachbarrieren oder auch weite räumliche Entfernungen sind die Haupthindernisse für den grenzüberschreitenden Handel.

Die Annahme, Käufer und Verkäufer würden einen Kaufvertrag allein auf Grundlage eines gemeinsamen Kaufrechts abschließen, ist zudem völlig unrealistisch und zeugt nicht von großem Sachverstand. Die Beschlussempfehlung weist völlig zu Recht auf innerstaatliches Recht hin, das zu beachten ist: Geschäftsunfähigkeit, Sitten- und Rechtswidrigkeit, Abtretung und so weiter und so fort.

Ich teile die Befürchtung, dass dieses Gemeinsame EU-Kaufrecht wahrscheinlich keine Rechtsklarheit, sondern im Gegenteil erhebliche Rechtsunsicherheit schafft. Auch hier weist die Beschlussempfehlung völlig zu Recht darauf hin, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch in den meisten Mitgliedsstaaten das Kaufrecht durch die Rechtsprechung, also durch Richterrecht geprägt ist. Anders würde es sich bei einem Gemeinsamen EU-Kaufrecht auch nicht verhalten: Relevante Regelungen müssten erst noch entstehen. Selbst wenn der Europäische Gerichtshof in der Lage wäre, durch seine Rechtsprechung dafür zu sorgen, wären Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger womöglich über Jahrzehnte mit einer unklaren Rechtslage konfrontiert. Niemand könnte einschätzen, welche Rechten und Pflichten sich tatsächlich aus einem Vertragsabschluss ergeben. Die Folge wird sein, dass Verträge deshalb gar nicht erst abgeschlossen werden. Das gemeinsame EU-Kaufrecht würde das Gegenteil seines postulierten Zwecks bewirken.

Auch deshalb ist es sehr sinnvoll, die Verordnung zum Gemeinsamen EU-Kaufrecht zwar zur Kenntnis zu nehmen, aber –so wie es hier vorgeschlagen ist - eine begründete Stellungnahme nach Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union zu verabschieden. DIE LINKE wird dem zustimmen, denn anders als die Kalten Krieger der Union nehmen wir unsere Verantwortung ernst.

Vielen Dank.