Persönliche Erklärung nach § 31 GO BT zu TOP 31 Transplantationsgesetz

Der Deutsche Bundestag berät heute abschließend zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung von Organspenden: Zum einen ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Transplantationsgesetz und zum anderen ein überfraktioneller Gruppenantrag zur Entscheidungslösung mit Dokumentation der Entscheidung auf der elektronischen Gesundheitskarte.

Der Deutsche Bundestag berät heute abschließend zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung von Organspenden: Zum einen ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Transplantationsgesetz und zum anderen ein überfraktioneller Gruppenantrag zur Entscheidungslösung mit Dokumentation der Entscheidung auf der elektronischen Gesundheitskarte.

Organspende ist ein wichtiges Thema – für Betroffene ein lebenswichtiges. Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein Schwerkranker, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan zur Verfügung steht. Im Jahr 2011 wurden knapp 4 000 Organe gespendet, auf der Warteliste für ein Spenderorgan standen 12 000 Menschen. Dabei sind die praktischen Hürden, sich für eine Organspende bereit zu erklären, nicht hoch. Im Internet, bei Behörden, Krankenhäusern, Arztpraxen und vielen Initiativen kann man sich unbürokratisch einen Spendenausweis besorgen. Etwa 25 Prozent der Deutschen haben dies getan: freiwillig und bewusst – und genau das ist für mich in dieser wichtigen Frage entscheidend. Dieser Grundgedanke findet sich auch im deutschen Transplantationsgesetz mit der sogenannten Zustimmungslösung.

Allerdings ist auch festzustellen, dass die Zahl der Menschen, die in Deutschland bereit sind, nach ihrem Tod Organe zu spenden, einer Studie zufolge rund dreimal so hoch ist wie die Zahl der tatsächlich ausgegebenen Organspendenausweise. Insofern finde ich es grundsätzlich richtig und nachvollziehbar, wenn der Versuch gemacht wird, durch eine Änderung des Transplantationsgesetzes – unter Beibehaltung der Zustimmungslösung – die Aufklärung über die Möglichkeiten zur Organspende zu verbessern und so gegebenenfalls auf eine größere Zahl von Organspenden hinzuwirken.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf ist dafür aus meiner Sicht jedoch nicht geeignet. Im Gegenteil: Er verstärkt die bestehende Intransparenz bei Verfahrens- und Entscheidungsprozessen und bringt deshalb keine wirkliche Verbesserung der Situation mit sich. Ich kann diesem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen.

Auch der Entwurf des Gruppenantrages fordert mehr Aufklärung und Information in der Bevölkerung über Organspenden ein und betont die Freiwilligkeit als wichtiges Kriterium für eine Spende. Jedoch sieht er eine Abkehr von der aktuellen Zustimmungsregelung hin zu einer Entscheidungslösung vor. In einem nächsten Schritt ist vorgesehen, dass die Spendenerklärung auf der elektronischen Gesundheitskarte festgehalten wird. Damit werden zwei hochsensible Themen miteinander verknüpft – einerseits die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die viele Bürgerinnen und Bürger angesichts der Diskussion um Datenschutz und Datenmissbrauch verunsichert und ängstigt, und andererseits die gesellschaftliche Debatte um Organspenden, die eine Auseinandersetzung mit der eigenen Körperlichkeit und somit auch Sterblichkeit einfordert und somit stark emotional aufgeladen ist.

Durch diese Verknüpfung wird das für mich entscheidende Kriterium einer freiwilligen und bewussten Entscheidung grundlegend infrage gestellt: Zwar bleibt die Erklärung zur Organspende formal freiwillig – aber durch die Dokumentation der Entscheidung auf zentralen Datenservern bzw. auf der elektronischen Gesundheitskarte und die dadurch ermöglichte Kontrolle durch Dritte wie die Krankenkassen, auch nach Zustimmung, wird ein Druck auf die Bürgerinnen und Bürger ausgeübt, der die Freiwilligkeit, sich zu erklären – oder auch nicht, faktisch erheblich einschränkt.

Die Dokumentation der Spendenerklärung auf der elektronischen Speicherkarte birgt folgenschwere Gefahren, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Speichermedium und somit ihre Entscheidung zu einer Organspende massiv beeinträchtigt: Die elektronische bzw. zentrale Speicherung hochsensibler persönlicher Daten ist immer auch der Gefahr des Missbrauchs oder illegalen Gebrauchs ausgesetzt. Ich kann daher auch dem überfraktionellen Gruppenantrag nicht zustimmen.

Ziel einer Neuregelung des Transplantationsgesetzes soll es sein, über mehr Aufklärung und Information die Bereitschaft für Organspenden in der Bevölkerung zu steigern. Wie und wo die Spendenerklärung dokumentiert wird, ist aus meiner Sicht sekundär. Für die Beibehaltung einer Dokumentation auf dem Papier spricht außerdem, dass die Erklärung jederzeit ohne bürokratischen Aufwand geändert werden kann und auch im Ausland als eine solche erkennbar ist.

Daher habe ich zusammen mit 22 weiteren Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion einen Änderungsantrag vorgelegt, der das Anliegen, die Information der Bevölkerung über Organspenden zu verbessern, unterstützt, ohne die Freiwilligkeit der individuellen Entscheidung über eine Organspende infrage zu stellen.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Debatte um eine Neuregelung des Transplantationsgesetzes im Vorhinein dieser Abstimmung weitreichender und angemessen transparent geführt worden wäre. Eine weitere öffentliche Anhörung hätte dazu einen wichtigen Beitrag leisten können. Dies war mehrheitlich jedoch nicht gewünscht; stattdessen wurden die Gesetzentwürfe aus meiner Sicht vorschnell aufgesetzt. Intransparenz und übereilte Entscheidungen schaffen kein Vertrauen. Vertrauen, Aufklärung und Information sind jedoch die Grundvoraussetzungen, um die Bereitschaft zu erhöhen, mehr lebenswichtige Organe zu spenden.  Dies zu fördern, sollte das Ziel einer Neuregelung des Transplantationsgesetzes sein.