Von mehr Transparenz profitieren wir alle

In seiner Rede fordert Raju Sharma mehr Transparenz bei der Offenlegung von Nebeneinkünften aller Abgeordneten. „Im Prinzip sollte jede Nebentätigkeit angezeigt werden, und zwar mit Nennung des Auftraggebers und der Höhe des Honorars. Die Linke wird hier mit gutem Beispiel vorangehen“, so Raju Sharma.

In seiner Rede fordert Raju Sharma mehr Transparenz bei der Offenlegung von Nebeneinkünften aller Abgeordneten. „Im Prinzip sollte jede Nebentätigkeit angezeigt werden, und zwar mit Nennung des Auftraggebers und der Höhe des Honorars. Die Linke wird hier mit gutem Beispiel vorangehen“, so Raju Sharma.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Wenn es Regeln gibt, dann sollte man sie einhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn es Regeln sind, die man selber aufgestellt hat. Darüber sollten wir heute sachlich debattieren.
Mit Peer Steinbrück lohnt sich eine politische Auseinandersetzung. Dafür gibt es gute Gründe, und diese Auseinandersetzung sollten wir auch führen. An die geltenden Transparenzregelungen hat er sich aber nach dem, was wir wissen, offenbar gehalten. Das Problem ist bloß, dass die geltenden Transparenzregelungen nicht das halten, was sie dem Namen nach versprechen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nun regen sich alle über Peer Steinbrücks Nebentätigkeiten auf: die Union und die FDP. Den Grünen ist das sogar eine Aktuelle Stunde wert. Was mich wundert, ist, dass die Genossinnen und Genossen von der SPD sich nicht aufregen; denn da wird jemand als MdB bezahlt, leistet aber nicht.

(Christine Lambrecht (SPD): Wie kommen Sie denn darauf? - Thomas Oppermann (SPD): Haben Sie heute Morgen die Rede nicht gehört? Waren Sie heute Morgen nicht da?)

Statt den Ruhm der Sozialdemokratie in Facharbeitskreisen und in den Ausschüssen zu mehren, mehrt Peer Steinbrück seinen eigenen Ruhm und seine eigene Ehre und bekommt dafür Honorare wie Jerry Lewis zu seinen besten Zeiten in Caesar’s Palace.

(Beifall bei der LINKEN   Thomas Oppermann (SPD): Da sind Sie richtig neidisch, was? - Christine Lambrecht (SPD): Ihre Rede ist das nicht wert!)

Wenn ich Sozialdemokrat wäre und vielleicht in Mettmann etwas bewegen wollte, dann würde ich mich wirklich aufregen. Aber es regen sich ganz andere auf, zum Beispiel der Kollege Dobrindt. Der wird immerhin dafür bezahlt, dass er sich aufregt:

(Thomas Oppermann (SPD): Wo ist er überhaupt?)

von der Allianz, von BMW, von der bayerischen Metallindustrie, die allesamt kräftig der CSU spenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem meldet sich Patrick Döring zu Wort, ausgerechnet Patrick Döring, der selber zu den Top Ten der Nebenverdiener gehört.

(Thomas Oppermann (SPD): Aber nur bei den Nebenverdienern!)

- Die Honorare bekommt er allerdings nicht für Vorträge; sie wären vermutlich auch intellektuell wenig inspirierend.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die will keiner hören!)
Ausgerechnet Union und FDP melden sich zu Wort, also die Fraktionen, die an anderer Stelle    
(Zuruf von der FDP: Das ist ja unterirdisch!)

Unterirdisch?

(Zuruf von der FDP: Ja, es ist unterirdisch, sich so gegenüber dem Kollegen zu verhalten!   Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Unterirdisch“ im Zusammenhang mit Döring ist immer eine richtige Aussage!)

Ausgerechnet Union und FDP melden sich zu Wort, also die Fraktionen, die an anderer Stelle mit fadenscheinigen Begründungen verhindern, dass endlich die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert wird und dass die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption umgesetzt werden. Ich finde, das ist selbst für einen vorgezogenen Wahlkampfstart ziemlich platt.

(Beifall bei der LINKEN   Kathrin Vogler (DIE LINKE): Peinlich ist das, peinlich!)

Die Rechtslage in diesem Fall ist klar; aber sie ist unzureichend.

(Beatrix Philipp (CDU/CSU): Sie waren doch in der Anhörung!)

Natürlich war ich gestern in der Anhörung; ich habe auch einiges gesagt.

(Beatrix Philipp (CDU/CSU): Da merkt man aber nix von!)

Ich kann Ihnen ein bisschen was aus der Anhörung erzählen. Die Anhörung, die wir gestern zum Thema Abgeordnetenbestechung gehabt haben, hat nämlich ergeben, dass man, wenn man es will, entweder über die Vorschläge, die die Oppositionsfraktionen, nämlich Linke, SPD und Grüne, zu einer Verschärfung der Abgeordnetenbestechung gemacht haben, weiterkommt, um die Voraussetzung für die Ratifizierung der UN-Konvention zu schaffen,

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Das findet ja nicht mal der DAV gut!)

oder dass man es anders macht. Da haben selbst die von Ihnen benannten Sachverständigen Vorschläge gemacht. Letztlich scheitert es nur daran, dass Sie nicht wollen. Das ist fadenscheinig, und daran müssen wir jetzt endlich einmal herangehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei den Transparenzregelungen ist die Rechtslage völlig klar; aber sie ist unzureichend. Formal   das habe ich schon gesagt   hat sich Peer Steinbrück vermutlich richtig verhalten. Dass wir dennoch diese Diskussion hier haben, zeigt, dass die Regelungen weiterentwickelt werden müssen. Wir brauchen neue Transparenzrichtlinien. Im Prinzip sollte jede Nebentätigkeit angezeigt werden, und zwar mit Nennung des Auftraggebers und der Höhe des Honorars. Die Linke wird hier mit gutem Beispiel vorangehen. Wir werden, sofern nicht im Ausnahmefall Rechte Dritter dem entgegenstehen, Nebentätigkeiten und daraus erzielte Einkünfte unter www.linksfraktion.de bzw. auf den Webseiten der Abgeordneten öffentlich machen.

(Beifall bei der LINKEN   Zuruf von der CDU/CSU: Auch die Einkünfte von den Gewerkschaften?)

Alles. Wir wollen keine Neiddebatten führen, und es geht auch nicht um Neid. Ich missgönne Herrn Döring seine Honorare ebenso wenig wie Herrn Steinbrück. Es hat aber etwas mit Aufrichtigkeit, mit Offenheit und Ehrlichkeit denjenigen gegenüber zu tun, die unsere Diäten finanzieren. Die Bürgerinnen und Bürger sollten wissen, wer unter Umständen von wem profitiert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unstreitig!)

Von mehr Transparenz profitieren wir Abgeordneten alle; denn das erspart uns, dass wir einem Generalverdacht ausgesetzt werden, und es erspart uns auch, dass wir wie hier in der Aktuellen Stunde einer Diskussion über die Nebentätigkeiten von Peer Steinbrück ausgesetzt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)