LINKE Positionen zu Religionen und Weltanschauungen

Raju Sharma besuchte am Vorabend des Augsburger Hohen Friedensfestes die Neue Stadtbücherei in Augsburg und diskutierte über DIE LINKE und ihre Positionen zu Glauben und Weltanschauungen. Hier dokumentieren wir das Statement Raju Sharmas. Es gilt das gesprochene Wort.

Raju Sharma besuchte am Vorabend des Augsburger Hohen Friedensfestes die Neue Stadtbücherei in Augsburg und diskutierte über DIE LINKE und ihre Positionen zu Glauben und Weltanschauungen. Hier dokumentieren wir das Statement Raju Sharmas. Es gilt das gesprochene Wort.  


1. DIE LINKE und der Glaube

Glaube ist für viele Menschen ein sehr wichtiger Teil ihres Lebens. Persönlich aber auch politisch. Unzählige Schicksale von Menschen, die aufgrund ihres Glaubens – in der Vergangenheit wie heute – diskriminiert, verfolgt und getötet werden, zeigen die politische Bedeutung von Religion in allen Teilen der Welt.

Glauben ist vielleicht nicht alles, aber Glaube ist wichtig - auch für Mitglieder der LINKEN, für ihre Sympathisanten und für ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler. Auch deshalb war es notwendig und richtig, dass DIE LINKE sich in ihrem Grundsatzprogramm zu ihrer historischen Verantwortung für Fehler, Versäumnisse und Unrecht gegenüber Gläubigen in der DDR bekannt hat.

"Wir stellen uns unserer historischen Verantwortung und haben die Lehren aus dem in der DDR begangenen Unrecht gegenüber Gläubigen gezogen. Bereits im Jahr 1990 hat der Parteivorstand der PDS sich zur Verantwortung an einer verfehlten Politik der SED bekannt, die tragische Schicksale, Benachteiligung, Verdächtigung und ohnmächtige Betroffenheit auslöste und die Gläubigen, Kirchen und Religionsgemeinschaften um Versöhnung gebeten."

Und wo steht DIE LINKE heute?

Heute engagieren sich in der LINKEN Christinnen und Christen neben Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften, aber auch Atheistinnen und Atheisten für gemeinsame Ziele und Werte, die in den großen Religionen genauso ihre Wurzeln haben wie in den Ideen der Aufklärung und des Humanismus: Soziale Gerechtigkeit, Frieden, Nächstenliebe und Toleranz.

Heute gehört für DIE LINKE die Glaubens- und Religionsfreiheit zu den grundlegenden und zu bewahrenden Menschenrechten. Dazu gehört das Grundrecht auf eine freie und ungehinderte Religionsausübung genauso wie die Freiheit des Glaubens und Nicht-Glaubens, die durch Artikel 4 des Grundgesetz geschützt ist.

"DIE LINKE verteidigt das Recht aller Menschen auf ein Bekenntnis zu einer Weltanschauung oder Religion. Sie tritt ein für den Schutz weltanschaulicher und religiöser Minderheiten."

 

2. Religionsgemeinschaften als Bündnispartner

Nicht nur DIE LINKE, auch die Religionsgemeinschaften haben ihre programmatischen Leitlinien - sie nennen sie zumeist nur anders. Und zwischen diesen programmatischen Leitlinien gibt es eine Menge Übereinstimmungen, aufgrund derer Religionsgemeinschaften in vielen Bereichen starke Bündnispartner der LINKEN sein können:

  • Kirchen und Religionsgemeinschaften sind potentiell wichtige Bündnispartner der LINKEN im Ringen um eine friedlichere Welt – gerade wenn es um die Vermittlung eben jener Werte wie Toleranz, Mitgefühl und Solidarität geht –
  • sie sind Bündnispartner auf den Gebieten der Entwicklungshilfe, im Kampf gegen Neonazis, gegen Rüstungsexporte oder bei der Hilfe für Flüchtlinge

Auch deshalb halten wir als LINKE auf allen Ebenen guten Kontakt zu den Religionsgemeinschaften und sind präsent auf Kirchentagen und diskutieren vor Ort mit den Kirchenvertretern und Gläubigen. Solche Gespräche sind wichtig - auch und gerade wenn wir in manchen Fragen unterschiedliche Auffassungen haben.

 

3. DIE LINKE und der Laizismus: Trennung von Staat und Kirche

"Laizismus bedeutet für uns die notwendige institutionelle Trennung von Staat und Kirche." 

So hat die DIE LINKE programmatisch ihr Verständnis von Laizismus definiert. DIE LINKE ist nicht kirchenfeindlich, aber sie tritt ein für eine klare Trennung von Staat und Kirche - auch im Interesse der Religionsfreiheit: Denn eine freie Religionsausübung ist nur dann möglich, wenn sich der Staat und seine Vertreter in Glaubensfragen neutral verhalten und jeden Eindruck der Bevorzugung einer Religion vermeidet (das garantiert unsere Verfassung, in der sich der Staat zur religiös weltanschaulichen Neutralität verpflichtet hat.

In der bundesdeutschen Wirklichkeit wird der christlichen Religion gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften jedoch ein Vorrang eingeräumt – Beispiel Bayern:

  • Kruzifixe in Klassenräumen und öffentlichen Gebäuden (trotz lautender Gerichtsentscheidungen)
  • in der Bayerischen Verfassung ist unter anderem die „Ehrfurcht vor Gott“ als Bildungsziel formuliert
  • Geistliche genießen beamtenrechtliche Sonderprivilegien und Richter dürfen ihre Staatstreue mit einer religiösen Verteidigungsformel unter Beweis stellen

Wenn wir es ernst meinen mit der konsequenten Trennung von Staat und Kirche, ist es - auch angesichts der wachsenden religiösen Vielfalt in unserer Gesellschaft - an der Zeit, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche – bzw. die Bevorzugung einiger Religionsgemeinschaften – auf den Prüfstand zu stellen. 


Beispiel: Religionsunterricht

"Niemand, der sich nicht bekennt, darf in irgendeiner Weise benachteiligt werden. Wir wenden uns gegen jeglichen politischen Missbrauch von Religion. Schulen sollen Wissen über Religionen vermitteln und die wechselseitige Toleranz der Glaubensgemeinschaften fördern. Der Unterricht ist im Rahmen des Bildungsauftrags des Staates durch staatlich anerkannte Lehrkräfte zu leisten, unabhängig von kirchlicher oder religionsgemeinschaftlicher Einflussnahme." 

So steht es im Grundsatzprogramm der LINKEN. Konkret heißt das:

  • Wir unterstützen die Konzeption eines für alle Schüler verpflichtenden Ethikunterrichts
  • Schülerinnen und Schüler mit vielfältigen kulturellen und religiösen Hintergründen sollen gemeinsam über ethische Werte und Normen diskutieren können
  • Darüber hinaus soll konfessioneller Religionsunterricht als Wahlfach an den Schulen angeboten werden, an dem sich alle Religionsgemeinschaften beteiligen.
  • Anerkannte Studiengänge sollen nicht nur für Rabbiner und Theologen, sondern auch für die Ausbildung von Imamen geschaffen werden


Beispiel: § 166 Strafgesetzbuch - Der "Gotteslästerungsparagraf"

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat sich vor einigen Tagen mit der Forderung zu Wort gemeldet, Gotteslästerung per Gesetz verbieten zu lassen: „Wer die Seele der Gläubigen mit Spott und Hohn verletzt, der muss in die Schranken gewiesen und gegebenenfalls auch bestraft werden […] Wir brauchen daher in unserem Staat ein Gesetz gegen die Verspottung religiöser Werte und Gefühle.“

Das Problem ist: Es gibt bereits einen strafrechtlichen Sonderschutz für Religions- und andere Glaubensgemeinschaften, der „Beschimpfungen von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ verbietet - den sogenannten Gotteslästerungsparagrafen des § 166 StGB:

"Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Wie wir Juristen sagen: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Das gilt natürlich auch für so irdische Gesetze wie das Strafgesetzbuch.

Das eigentliche Problem eher ein ganz anderes: In der Praxis führt der § 166 StGB zu einer  Ungleichbehandlung innerhalb der Religionsgemeinschaften - die Strafverfahren beziehen sich vor allem auf Beschimpfungen gegenüber den christlichen Großkirchen: so z.B. ein Theaterstück, das sich satirisch mit der Jungfrauengeburt auseinandersetzt, die Darstellung eines gekreuzigten Schweins oder ein zum Toilettenpapier umfunktioniertes Kruzifix.

 Andere Religionsgemeinschaften wurden durch den "Gotteslästerungsparagrafen" ebenso wenig geschützt wie andere Gruppen, wie z.B. Gewerkschaften, politische Strömungen oder ethnische Gruppen. Im Klartext: Das deutsche Strafrecht schützt hier den Papst, aber nicht den Chef der IG Metall und auch nicht den FDP-Vorsitzenden Philip Rösler. Das ist ungerecht - nicht nur wegen Philip Rösler, sondern weil es dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht und gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Trennung von Staat und Kirche verstößt.

Im übrigen bieten die Regelungen des Strafgesetzbuches zu Beleidigung und Volksverhetzung auch jetzt schon religiösen Gruppen ausreichenden Schutz, ohne dass Meinungs- und Kunstfreiheit durch Ermittlungs- und Ordnungsbehörden übermäßig eingeschränkt werden. In einem demokratischen Staat muss es möglich sein, seine Meinung auch in einer Form zum Ausdruck zu bringen, die sich kritisch mit inhaltlichen Standpunkten oder dem Erscheinungsbild von Glaubensgemeinschaften auseinandersetzt.

Aus diesem Grund haben wir mit dem Arbeitskreis der Linksfraktion im Bundestag einen Entwurf zur Abschaffung des Gotteslästerungsparagrafen erarbeitet, den wir - wenn es gewünscht ist - sofort ins Parlament einbringen können. Ich finde allerdings auch, dass es dringendere Probleme gibt.


Beispiel: Kirchenfinanzierung

"DIE LINKE achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre soziale Tätigkeit und ihre Unabhängigkeit."

So steht es im Grundsatzprogramm der LINKEN, und so ist es auch gemeint. Kirchen sind nicht nur Träger von Kindertagesstätten, Altenheimen und Krankenhäusern; sie organisieren auch Suppenküchen, Bildungsangebote und soziale Hilfen. Das ehrenamtliche Engagement vieler Kirchenmitglieder in diesen Bereichen verdient höchste Anerkennung.

Problematisch im Bereich der Kirchenfinanzierung sind die sogenannten Staatsleistungen, eine allgemein wenig bekannte Unterstützung aus allgemeinen Steuermitteln. Diese Staatsleistungen beruhen auf einem Beschluss von 1803, der für Enteignungen der Kirchen zugunsten weltlicher Herrscher Entschädigungen vorsah. Als Ausgleich wurden die Sachmittel und Gehälter der Geistlichen bezahlt sowie die kirchlichen Baulasten getragen.

Obwohl diese Zahlungen laut Verfassung längst abgegolten sein sollten, zahlen die Länder jährlich fast eine halbe Milliarde Euro; allein in Bayern umfassen die jährlichen Staatsleistungen an die KKD derzeit rund 65,9 Mio. Euro und an die EKD rund 21,6 Mio. Euro (inklusive Besoldung der geistlichen Seelsorger, aber ohne Baulast ).

Im Freistaat Bayern genießt die Kirche auch insoweit einen Sonderstatus: Hier zahlt das Land die Gehälter der Bischöfe und die Altersversorgung kirchlicher Würdenträger direkt; von 1949 bis 2010 summierte sich das auf 3,1 Mrd. Euro; davon 87 Mio. Euro im Jahr 2010.

Um mögliche Missverständnisse gleich auszuräumen: Wir reden hier nicht über die staatliche Förderung von kirchlichen Kindergärten, Pflegeheimen, oder die Seelsorge in Gefängnissen. Dafür bekommen die Kirchen - genauso wie andere Träger sozialer Einrichtungen - Extragelder nach allgemein gültigen Förderrichtlinien. Darum geht es hier nicht.

Das Grundgesetz - wie schon die Weimarer Reichsverfassung von 1919 (!) - verpflichtet den Bund, ein Gesetz zu erlassen, das die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen auf Länderebene regelt. Auf meine Nachfrage hat die Bundesregierung jedoch schriftlich erklärt, dass sie keinen Handlungsbedarf sieht. Daher haben wir mit der Linksfraktion einen Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen vorgelegt, der voraussichtlich in diesem Herbst in erster Lesung im Bundestag beraten wird.

Ich bin gespannt, wie diese Beratungen verlaufen. Die Initiative der LINKEN hat nämlich unerwartete Unterstützung von (fast) allerhöchster Ebene erhalten: Bei seinem Deutschland-Besuch im vergangenen Herbst hat niemand geringeres als Benedikt XVI. eine "Entweltlichung" der Kirche gefordert und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Streichung von Privilegien auch eine positive Wirkung für den christlichen Glauben haben kann. Das sagt der Papst und DIE LINKE wird ihm da nicht widersprechen.

 

Beispiel: Rechte von Arbeitnehmern in Kirchen und Kirchlichen Einrichtungen

"Allerdings müssen Grundrechte und Arbeitnehmerrechte auch in den Kirchen und Religionsgemeinschaften und in deren Einrichtungen Geltung haben, auch das Streikrecht und das Betriebsverfassungsgesetz."

Dieser Satz steht nicht ohne Grund im Erfurter Programm der LINKEN: Für die Kirchen als Arbeitgeber gilt in Deutschland ein Sonderarbeitsrecht, der sogenannte Dritte Weg. Dieser arbeitsrechtliche Sonderstatus erlaubt den Kirchen ihre Personalangelegenheiten für ihre knapp 1,3 Millionen Beschäftigten eigenständig zu regeln. Konkret heißt das: Streikverbot für Beschäftigte, Ausschluss vom passivem Wahlrecht oder sogar Kündigung aufgrund ihrer Konfession (oder aufgrund von Wiederheirat oder Homosexualität). Betriebsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetze finden keine Anwendung, anstelle dessen gelten die kirchlichen Mitarbeitervertretungsgesetze; Lohn und Tarifverhandlungen mit Gewerkschaften werden von vielen kirchlichen Arbeitgebern abgelehnt.

DIE LINKE fordert eine gesetzliche Regelung, die den Beschäftigten der Kirchen in den Genuss allgemein üblicher Arbeitnehmerrechte kommen lässt: mit der Bundestagsfraktion haben wir im Mai 2011 einen Antrag vorgelegt, der die Stärkung der Rechte von Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen und Kirchen einfordert: Kirchliche Arbeitnehmer sollen nicht länger als Beschäftigte Zweiter Klasse gelten, sie sollen nicht nur Anspruch auf allgemein übliche Arbeitnehmerrechte bekommen, sondern genauso Anspruch auf ihre Grundrechte. Wir wollen Gerechtigkeit auch für diese Menschen. Nicht erst im Himmelreich sondern auch auf Erden.


4. Beschneidung

Mit Urteil vom 7. Mai 2012 hat das Landgerichts Köln entschieden, dass eine aus religiösen Gründen vorgenommene Beschneidung eines vierjährigen Jungen eine rechtswidrige Körperverletzung zu bewerten war. Das Gericht hatte dabei zwischen zwei hohen Verfassungsgütern abzuwägen: Dem Recht minderjähriger Jungen auf körperliche Unversehrtheit einerseits und der Religionsfreiheit der Eltern andererseits. Im Ergebnis hat das Gericht der körperlichen Unversehrtheit des minderjährigen Jungen den Vorrang gegeben.

Genau genommen, ist das Urteil eine Einzelfallentscheidung: Es hat keine generelle Wirkung; der Beschluss ist nur bindend für den konkreten Fall des muslimischen Jungen und seines Arztes (der im konkreten Fall wegen Verbotsirrtums frei gesprochen worden war); andere Gericht können zu einer abweichenden Bewertung kommen.

Dieses Urteil hat bundesweit eine überaus kontroverse und emotionale Debatte ausgelöst. Dabei wurde deutlich, dass in Deutschland eine Rechtsunsicherheit besteht, die sowohl Ärzte als auch die betroffenen jüdischen wie muslimischen Familien in einer Art Schwebezustand belässt. Insofern finde ich die Forderung vieler jüdischer und muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger nach Rechtssicherheit nachvollziehbar. Deshalb ist es gut, dass die Debatte - die nicht neu ist - nun ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat.

Wichtig ist jetzt, wie diese Debatte geführt wird: Der Respekt vor dem Glauben der Menschen und die freie Religionsausübung sind nicht trivial, nicht schnell vom Tisch zu wischen, sondern ein unschätzbar wichtiger Teil unserer Gesellschaft, daher muss die Debatte auch sachlich und offen mit der notwenigen Sensibilität geführt werden. Dabei muss man der Komplexität des hier anstehenden Abwägungsprozesses gerecht werden.

Dieser Komplexität wird die vom Bundestag in seiner Sondersitzung im Juli beschlossene Resolution in keiner Weise gerecht. Die Aufforderung an die Bundesregierung, bis zum Herbst mal eben schnell einen Gesetzentwurf vorzulegen, war voreilig und leichtfertig.

Der Gesetzgeber steht hier vor einem Dilemma mit vielen Dimensionen: Es geht um die freie Entscheidung des Einzelnen, das Persönlichkeitsrecht, das Rechts auf körperliche Unversehrtheit, um das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung und auch um die Religionsfreiheit.

Dazu braucht es eine breite gesellschaftliche Debatte mit allen Beteiligten. So eine Debatte braucht Zeit. Zeit, die wir uns nehmen sollten. Immerhin geht es um eine religiöse Tradition, mehrere Jahrtausende alt ist. Meine Position, für die auch innerhalb der LINKEN werbe, ist, eine Lösung zu finden, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit uneingeschränkt respektiert.

Es ist richtig und wichtig, hier Rechtssicherheit zu schaffen. Aber was aus meiner Sicht überhaupt nicht geht, ist, über eine Bagatellgrenze für religiös motivierte Körperverletzung zu verhandeln. Ein Gesetz, das religiös motivierte Körperverletzung legalisiert, ist daher für mich nicht denkbar. Das hat auch etwas mit Religionsfreiheit zu tun: Religionsfreiheit gewinnt erst an Wert, wenn Menschen sich aus freien Stücken auf Grundlage einer bewussten Entscheidung zu ihrem Glauben bekennen. Die Entscheidung für oder gegen eine Religionsgemeinschaft soll ein mündiger Bürger aus freien Stücken treffen. In diesem Rahmen liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems letztlich bei den Religionsgemeinschaften selbst.

Danke für die Aufmerksamkeit.